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www.bergbahngeschichte.de
zur Geschichte der Großkabinenschwebe- und
Standseilbahnen in Deutschland, Österreich
und Südtirol
technische Hauptdaten
Bergstrecke
Eröffnung: Güterverkehr: Februar 1922; Personenverkehr: 1.3.1923 / Grundinstandsetzung: 2002 / Hersteller der Gesamtanlage: Ernst Heckel
Saarbrücken / Bauart: eingleisige Standseilbahn mit Abtscher Ausweiche/ Betriebsart: Pendelbetrieb / Höhe Talstation Obstfelderschmiede:
340,8 m / Bergstation Lichtenhain Lichtenhain: 663,8 m / Streckenlänge: 1387,8 m / Höhenunterschied: 323,026 m / Neigung im Durchschnitt:
23,92 % / Neigung maximal: 25,00 %
/ Spurweite: 1800 mm / Zugseildurchmesser:
41 mm bis 2002; 40 mm ab 2002 / Seilführungsrollen: 119
gerade; 99 schräg ab 2002 / Antrieb (2 Treibscheiben): 1922: elektrisch 220 V; 1971: elektrisch 220 V / Hersteller des Antriebs: 1922: Heckel
Saarbrücken; 1971: Sachsenwerk Dresden; 2002: Doppelmayr Thun / Antriebsleistung: 1922:74 kW; 1971: 80 kW; 2002: 2 x 110 kW / Steuerung:
Handsteuerung, danach halbautomatisch, jetzt elektronisch / Notantrieb: Dieselmotor Batterie, nanach Diesel-Netz-Ersatzaggregat; aktuell:
Notstromaggregat 250 kVA / Personenwagen (PW): 1923: 1 (Heckel); 1960: (MRW Gotha); 2002: neu aufgebaut / Personenwagen Sitz-/Steh-
plätze: 1923: 52/68; 1960: 42/108 / Personenwagen Eigenmasse: 1923: 22,5 t; 1960: 23,0 t; 2002: 26 t / 1 Cabriowagen / Güterbühne: 1,
7,5 m Achsstand (Heckel); 2002 neu aufgebaut / Eigenmasse Güterbühne: 1922: 22,5 t; 2002: 25 t
Tragfähigkeit Güterbühne: 27 t / Aufsetzwagen für Regelbetrieb: 1 (ab 1972) ehem. EB188513; 2002 neu aufgearbeitet / Geschwindigkeit: 1922:
1,5 m/s; 2002: 1,6 m/s
Besonderheiten:
* keine mechanische Verbindung der Antriebsstränge (elektronische Regelung der Motoren)
* Anordnung der Treibscheiben quer zur Fahrtrichtung
* unterflurige Anordnung des Antriebs
* 2 getrennte Bahnsteige in der Talstation, dadurch zweifache Abtsche Weiche
* Drehscheiben zum Beladen der Güterbühne an Tal- und Bergstation
* Überleitungsschiebebühne in der Bergstation
Flachstrecke:
Streckenverlauf: Lichtenhain - Oberweißbach-Deesbach - Cursdorf / Streckenlänge: 2,5 km / Stromsystem: 600 V Gleichstrom / Höchstgeschwindig-
keit: 30 km/h / Triebwagen: ET 479 201, ET 479 203, ET 479 205
Besonderheit:
* zwingender Verkehr über die Drehscheibe an der Bergstation der Standseilbahn
/
Aufnahmen der Anlage
Fotos: J. Gönnert
Oberweißbacher Bergbahn - die steilste normalispurige Standseilbahn der Welt
Historisches zur Anlage
Im Thüringer Wald, dem grünen Herz Deutschlands, liegt eine der interessantesten Standseilbahnen des deutschsprachigen Raumes. Sie ist nicht
nur die steilste breitspurige Standseilbahn der Welt, sondern sie verkehrt im Pendelbetrieb mit einem Personenwagen und einer Güterbühne,
welche bis zu 27 t Nutzlast aufnehmen und somit sogar Lokomotiven befördern kann. Die Anlage besteht aus zwei Teilstrecken, der Stand-
seilbahn Bergstrecke sowie der Adhäsionsbahn als Flachstrecke. Vorgestellt wird hier die eigentliche Standseilbahn Obstfelderschmiede - Lichten-
hain. Die Geschichte der Bahn geht auf die Zeit um 1900 zurück, als Kleinstaaterei die thüringische Region prägte und erste Eisenbahnen auch
diesen Teil Deutschlands erschlossen. Die an den neu entstehenden Bahnlinien liegenden Ortschaften waren den entfernter liegenden Dörfern
und Städten wirtschaftlich überlegen, so dass diese nach Möglichkeiten suchten, diesem Problem zu begegnen. Die Geschichte der Oberweiß-
bacher Bergbahn ist eng verbunden mit dem Namen des Regierungsbaumeisters Dr.-Ing. Wolfgang Bäseler. Dieser untersuchte verschiedene
Varianten von Adhäsions- und Zahnradbahnen um die Höhen zu erschließen, auch die Errichtung einer O-Buslinie wurde in Erwägung gezogen.
All diese Projekte scheiterten letztendlich an der großen Länge, den vielen zu errichtenden Kunstbauten und schließlich am notwendigen Geld.
Wer konnte damals schon 8 Millionen Mark für die Zahnradbahn oder 10 - 23 Millionen Mark für eine Adhäsionsbahn bereitstellen? So besann
man sich auf die "Metzelt" genannte Schlucht, welche von Obstfelderschmiede hinab ins Schwarzatal führt. Zunächst dachte man an den Bau
einer schiefen Ebene, jedoch war hier kein Masseausgleich möglich, außerdem konnte die Trasse nur eingleisig bauen. So entschied man sich
letztendlich für den Bau einer Standseilbahn nach Schweizer Vorbild, wobei die veranschlagten geringeren Baukosten von 1,3 Millionen Mark den
Ausschlag gegeben haben dürften. Im Gegensatz zu den Anlagen in der Schweiz wurde die Bahn von vornherein auf gemischten Betrieb mit
einem Personenwagen und einer Güterbühne angelegt. Um Güterwagen und Lokomotiven transportieren zu können wurde eine Güterbühne mit
der enormen Tragkraft von 27 t eingesetzt und die Anlage auf Normalspur errichtet. Es war eine große Leistung Bäselers, den Bau die Bahn in
den Zeiten der Weltwirtschaftskrise zu bauen. Durch die rasante Geldentwertung waren finanzielle Zuschüsse notwendig geworden, zu "Not-
standsarbeiten" an der Bahn wurden zeitweise bis zu 300 Arbeitslose verpflichtet. Teilweise mussten Provisorien eingebaut werden jedoch
achtete Dr. Bäseler darauf, dass Fundamente, Fördermaschine und sicherheitstechnische Ausrüstungen in "friedensmäßiger Ausführung" herge-
stellt wurden. Die erste Fahrt auf der Reibungsstrecke fand im Jahr 1921 statt, im Spätsommer 1922 fanden die ersten Probefahrten auf der
Bergstrecke statt und der provisorische Verkehr wurde aufgenommen. Dazu kam, dass die Straße nach Oberweißbach durch die Straßenlokomo-
tive, die die schweren Teile der Bergbahn zur Bergstation gebracht hatte, kaputt gefahren war. So konnte man die Frachttarife kurzerhand um
100 % erhöhen. In die Anfangszeit der Bahn fiel auch der einzig nennenswerte Unfall. Ein Maschinist lies den Talwärts mit Überlast fahrenden
Wagen ungebremst laufen, so dass die Geschwindigkeit durch die Masse des talwärtigen Seiles immer mehr zunahm. Der Motor flog auseinander
und Teile der Wicklung steckten im Dachstuhl. Die Beseitigung der Schäden dauerte bis zum Januar 1923, danach erfolgte die Abnahme der
Gesamtanlage durch die Aufsichtsbehörde. Regulärer Güterbetrieb wurde bis 1966 gefahren, seit dieser Zeit fährt die Bahn mit einem Personen-
wagen und einem Aufsetzwagen im Regelbetrieb. Für Spezialtransporte steht die Güterbühne aber auch heute noch bereit, über ein ansteckbares
Bedienpult lässt sich die Anlage auch von dort aus steuern. Vieles lies sich noch zu Geschichte und Technik der Anlage sagen. So dass die
Dampflok der Adhäsionsstrecke letztendlich zum Beheizen der Rohrbahnen des Pumpspeicherwerkes Hohenwarte II eingesetzt wurde sowie die
außergewöhnliche Seilführung in der Bergstation der Standseilbahn mit 2 quer zur Fahrtrichtung stehenden, nicht mechanisch verbundenen
Antriebsscheiben was einerseits Raum sparte, andererseits jedoch eine extrem hohe Biegebeanspruchung des Zugseils hervorruft, so dass die
Seilliegezeit anderer Anlagen von 15 - 20 Jahren nicht erreicht wird. In der Regel muss das Seil alle 4 - 8 Jahre gewechselt werde. Interessant
auch das Verfahren bei der Beladung der Güterbühne einschließlich einer kontrollierten Schlaffseillegung bei der Beladung in der Talstation und
das Bewegen der Güterbühne über den eigentlichen Endpunkt hinaus bei Verladearbeiten in der Bergstation einschließlich des Einsatzes einer
Überleitungsschiebebühne. Seit dem 85. Jubiläum der Bahn steht in den Sommermonaten zusätzlich ein Cabriowagen zur Verfügung.
Die Seilbahn zeigt in ihren Räumen eine ständige Ausstellung zur Geschichte der Anlage.